Oldenburg. Europa ohne Russland – geht das eigentlich? Angesichts des derzeit eher schwierigen Verhältnisses mag man schnell „Ja“ sagen. Aber warum sind die Beziehungen so wie sie sind, gibt es Chancen, diese zu verbessern und wie ist die gegenseitige Wahrnehmung? Solche Fragen standen im Zentrum einer gemeinsamen Veranstaltung von Volkshochschule, Europäischen Föderalisten Oldenburg und der Gesellschaft Deutschland-Russland-Dagestan am 14.03.2019.
„Die große Resonanz zeigt, dass das Thema die Menschen bewegt“, sagt Peter Meiwald, Vorsitzender der europäischen Föderalisten, der die Podiumsdiskussion moderierte. Die Teilnehmer brachten ihre unterschiedlichen und persönlichen Erfahrungen im Umgang mit Russland in die Diskussion mit ein: Peter Franke, Vorsitzender des Bundesverbandes deutscher West-Ost-Gesellschaften, Professor Dr. Susanne Schattenberg, Direktorin Forschungsstelle Osteuropa Universität Bremen, Christoph Kluska, Vertriebsleiter Bruns-Pflanzen-Export Bad Zwischenahn, und Manfred Cybalski, Außenwirtschaftsberater der Außenhandelsstelle der niedersächsischen IHK in den Nachfolgestaaten der UdSSR.

Persönliche Begegnungen als Schlüssel
Einigkeit herrschte in einem Punkt: Persönliche Begegnungen sind ein Schlüssel, um, losgelöst von der offenbar festgefahrenen politischen Ebene, für ein weniger angespanntes Verhältnis zu sorgen. „Die Hoffnung ruht auf der Begegnung. die Menschen müssen möglichst einfach zusammenkommen können“, betonte Peter Franke. Politisches anzusprechen, sei dabei nicht immer hilfreich, hat Christoph Kluska bei seinen dienstlichen Reisen beobachtet. „Russen wissen ja auch, was bei uns passiert und da bekommen Sie dann schnell zu hören: ,Das ist doch Politik, das ist bei euch doch nicht anders‘“. Ein gewisses Maß an Pragmatismus könne in den persönlichen Beziehungen helfen, „auch wenn es manchmal schwerfällt, die eigene politische Meinung für sich zu behalten“, so Kluska.
Entspannung durch mehr Pragmatismus
Auch die wirtschaftlichen Beziehungen könnten ein Hebel zur Verbesserung sein. „Die Sanktionen nützen keiner Seite, eher profitiert die russische Wirtschaft davon, weil sie die eigene Produktion vorantreibt“, sagte Susanne Schattenberg.
Als problematisch wurde auch der fehlende Zusammenhalt innerhalb der Europäischen Union in der Russland-Frage gesehen. „Hier wurde ein Keil weit hineingetrieben“, meinte Manfred Cybalski, nicht zuletzt durch die unstete außenpolitische Haltung des US-Präsidenten. Dadurch habe sich die Situation eher verkrampft als entspannt. Seine Hoffnungen ruhen hier ebenfalls auf der Wirtschaft, gleichzeitig aber müsse der Dialog von unten möglich sein und bleiben. „Deutschland und Russland dürfen nicht noch weiter auseinanderdriften“, so seine Überzeugung.
Gibt es denn auf EU-Ebene Ansatzpunkte für eine Verbesserung der Beziehungen? Eine Einschätzung sei schwierig, meinte Historikerin Schattenberg, zumal die EU außenpolitisch eher schwerfällig agiere. Auch hier könne ein pragmatisches Vorgehen hilfreich sein. „Heikle Themen könnten zunächst zurückgestellt werden. Wichtig ist es, den Dialog nicht abreißen zu lassen und wieder aufeinander zuzugehen“, so ihre Einschätzung.
